Je früher, desto besser?

Wirksame Methoden der Krebsbekämpfung (III)

Früh erkannt ist Krebs heilbar!“. Kaum ein Motto hat Ärzte, Patienten, Medien und Wissenschaft so beeinflusst und zu immer größeren Anstrengungen in der Vorsorge geführt. Ist dem aber wirklich so? Niederländische Forscher veröffentlichten kürzlich im anerkannten „New England Journal of Medicine“ ihre Ergebnisse. Sie fanden, dass der Brustkrebs bei Frauen sich in zwei Gruppen einteilen lässt.

Die eine Gruppe hatte eine gute Prognose. Von 100 Patientinnen waren nach zehn Jahren nur fünf verstorben, bei 15 waren Metastasen aufgetreten. In der schlechten Gruppe waren nach zehn Jahren 45 verstorben, 50(!) hatten Metastasen. Weitere Untersuchungen zeigten, dass bereits kaum nachweisbare Tumore bereits Tochtergeschwülste gesetzt haben können.

Für die Früherkennung ist das eine böse Nachricht. Denn was nutzt es, den Krebs frühzeitig zu erkennen, wenn er nicht mehr heilbar ist? Hinzu kommt die Gefahr der Überdiagnostik. Mancher verdächtige Gewebsbefund erweist sich als Fehlalarm. Die seit 2003 von den Kassen alle zwei Jahre angebotene kostenlose Mammographie für Frauen von 50 bis 70 Jahren sollte dennoch wahrgenommen werden, um die jährlich hohe Anzahl an Brustkrebs-Todesfällen um 30 Prozent oder 3.500 Patientinnen zu reduzieren, wie es die Befürworter behaupten. Erst nach 5 bis 10 Jahren der Verlaufskontrolle wird man mehr wissen.

Eine sinnvolle Krebsvorsorge ist die ab 55 Jahren angebotene Darmspiegelung, bei der Polypen, die als Krebsvorstufen gelten, gleich abgetragen werden können. In den Jahren davor hat sich der Test auf verstecktes Blut bewährt, der positivenfalls, d.h. Blutnachweis auf Teststreifen, eine Coloskopie nach sich ziehen sollte.

Was für die Frauen der Brustkrebs ist für die Männer der Prostatakrebs, jedenfalls was die Häufigkeitkeit anbetrifft(Platz 1). Neben wenigen, höchst aggressiven Karzinomen wächst die Mehrzahl langsam und vom Träger meist unbemerkt. Die meisten Männer sterben mit und nicht an ihrem Prostata-Ca. Der Tumormarker PSA (ProstataSpezifischesAntigen) ist daher als Früherkennungsmethode ungeeignet und nur im Zusammenhang mit einem verdächtigen Tastbefund und in der Verlaufskontrolle behandelten Prostatakrebses nützlich und sinnvoll.

Welche therapeutischen Möglichkeiten der Krebsbehandlung stehen zur Verfügung? „Stahl, Strahl, und Chemie“ lautet immer noch die Devise. Wann immer eine Krebsgeschwulst chirurgisch komplett entfernt werden kann, sollte das geschehen.

Die zweite Säule der Krebstherapie, die Strahlentherapie, wird häufig als zusätzliche Methode nach Operationen(Stichwort Nachbestrahlung), aber auch in Kombination mit der Chemotherapie(z.B. bei Lymphdrüsenkrebs) und als palliative Methode zur Linderung von Schmerzen angewendet. Dank radikaler Chemotherapie mit anschließender Knochenmarkverpflanzung liegt die Heilungsquote der akuten Leukämie von Kindern bei 70 Prozent!

Der unter Therapie oft drastische Abfall der roten und weißen Blutkörperchen läßt sich durch hormonähnliche Substanzen wie Erythropoietin u. einen Granulozyten stimulierenden Faktor aufhalten. Ein neuer Trick die Krebszellen gezielter zu treffen unter gleichzeitiger Schonung der gesunden Zellen ist die „chronomodulierte Therapie“. Das Darmkrebsmittel 5-Fluorouracil wird vorzugsweise um 4 Uhr nachts verabreicht, wenn es von den gesunden Zellen am besten verstoffwechselt wird und die Krebszellen am meisten schädigt.

Paradebeispiele aus der Forschung

Zwei Paradebeispiele aus der neueren Krebsforschung sind Herceptin und Glivec. Ersteres wirkt als monoklonaler Antikörper gegen gewisse Arten von Brustkrebs, letzteres gegen die chronisch-myeloische Leukämie. Beiden gemeinsam ist die Hemmung eines Rezeptors an der Zelloberfläche, der bei Stimulation ein wachstumsförderndes Signal auf eine Krebszelle auslöst. Sie werden daher als Signaltransduktionshemmer bezeichnet. Die Forschung auf diesem und anderen Gebieten ist ständig im Fluss. Ein Allheilmittel gegen „den“ Krebs wird es wegen der verschiedenen Formen und Ursachen aber auch in Zukunft nicht geben. Wir alle können dennoch im Rahmen unserer Möglichkeiten etwas gegen Krebs tun, indem wir eine gesunde Lebensführung anstreben und die angebotenen Vorsorgemaßnahmen wahrnehmen.

Letztere bieten zwar keine 100-prozentige Garantie für die Aufdeckung oder den Ausschluss von Krebs, aber sie haben schon vielen Menschen das Leben gerettet.

Ihr Medicus

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