Adernverkalkung ein entzündlicher Prozess

Reduzierung der Risikofaktoren beste Prophylaxe

Noch vor wenigen Jahren wurde die Arteriosklerose (Adernverkalkung) in sehr mechanistischer Weise verglichen mit der Verkalkung unserer Wasserleitungen.

Fett und Kalkablagerungen in der Gefäßinnenhaut (Intima) führen demzufolge zu einer Einengung der Gefäßweite bis hin zum Verschluss. Die Folgen sind Herzinfarkt und Schlaganfall.

Nach neueren Erkenntnissen sind chronische Entzündungsprozesse die treibende Kraft hinter einer Arteriosklerose. Dabei wird zuerst „schlechtes“ Cholesterin (LDL) von der Leber (Produktionsort) bzw. dem Darm (Aufnahmeort) über die Blutbahn in der Intima abgelagert. Ein Teil wird vom „guten“ Cholesterin (HDL) wieder entsorgt.

Die Lipid- und Eiweißkomponenten des LDL (Lipoprotein niedriger Dichte) unterliegen einem Oxidationsprozess, der das körpereigene Immunsystem auf den Plan ruft. Vertreter der weißen Blutkörperchen (Monozyten) wandern aus dem Blutgefäß in die Gefäßwand ein, gewissermaßen um den Schaden zu beheben.

Die Monozyten reifen zu „Fresszellen“ und räumen ähnlich wie Müllmänner die LDL-Partikel ab. Am Ende sind die großen Fresser bis zum Platzen mit Fetttröpfchen gefüllt und werden wegen ihres Aussehens auch Schaumzellen genannt. Die arterio-sklerotische Plaque dehnt sich aus und bildet über dem weichen Lipidkern eine faserige Kappe aus glatten Muskelzellen, die aus der Mittelschicht (Media) einwandern. Kommt es nämlich zum Einriss der Plaque, so wird eine Gerinnungskaskade in Gang gesetzt. Die Folge ist die Bildung eines Blutgerinnsels (Thrombus), das im schlimmsten Fall den Blutstrom blockiert und einen Herzinfarkt oder Schlaganfall auslöst.

Schon bei kleinen Kindern finden sich erste Fettstreifen in der Gefäßwand, die je nach Veranlagung und Lebenswandel wachsen. Risikofaktoren sind hohes Cholesterin (LDL), Diabetes mellitus und das Rauchen. Bezüglich der Risikoabschätzung hat in den letzten Jahren das C-reaktive Protein aufhorchen lassen. Dieser Entzündungsmarker ist unspezifisch und bei allen Arten von Infektionen sowie chronisch-entzündlichen Erkrankungen erhöht. Paul Ridker vom Brigham and Womens Hospital in Boston konnte vor kurzem zeigen, dass die Bestimmung von CRP plus dem Cholesterinverhältnis eine bessere Risikoabschätzung erlaubt als von Cholesterin (LDL) allein.

Personen mit den höchsten Cholesterin- und CRP-Werten haben demzufolge ein um 8,7-fach erhöhtes relatives Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall gegenüber der Normalbevölkerung. Die Plaque-Bildung ist gewissermaßen vergleichbar mit der Spitze eines Eisberges. Unterhalb lauert die Gefahr in Form einer chronischen Entzündung. Eine gefährliche Plaque muss daher keineswegs groß sein. Mehr als 50 Prozent aller Herzinfarkte entstehen durch Plaques die weniger als 50 Prozent des Gefäßlumens einengen. Die Gefahr besteht in der Instabilität des weichen Lipidkerns, der bei gewisser Ausdehnung die fibröse Kappe zur Gefäßinnenseite sprengt und zur Bildung eines Blutgerinnsels mit der fatalen Folge eines Herzinfarktes führt.

Was ist therapeutisch drin? Trotz der entzündlichen Komponente haben sich entzündungshemmende Medikamente wie Steroide und nicht steroidale Antirheumatica (beispielsweise Diclofenac oder Ibuprofen) als nicht wirksam erwiesen. Die bei Herz-Kreislauf-Patienten häufig verabreichte Acetylsalicylsäure (Aspirin) wirkt eher über die Verhinderung eines Gerinnungsthrombus. Es bleibt einstweilen nur die Prophylaxe, d.h. die Reduzierung der Risikofaktoren, allen voran die Senkung des schlechten Cholesterins (LDL) und die Erhöhung des guten Cholesterins (HDL).

Das Rauchen sollte eingestellt und der Blutzucker kontrolliert bzw. normalisiert werden. Es bestehen dann berechtigte Aussichten, nicht nur ein hohes Alter zu erreichen, sondern das auch noch in bester Gesundheit.

Ihr Medicus

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